Als Reporterin habe ich wirklich einiges gesehen. Hab Hollywood-Größen interviewt, bin durch Kenia gereist und habe mit Bestseller-Autoren vor ihrem Kamin gequatscht. Aber ich habe nur dreimal nach einem Report-Termin mit meiner Fassungslosigkeit gekämpft. Nach einem Aufenthalt im Erdbebengebiet, wo Menschen alles verloren hatten sich hilflos an die Fotos deuteten, die sie von ihren Angehörigen noch hatten.

Nach einem Besuch im Tierheim, in dem ein 15 Jahre alter Retriever abgegeben worden war, weil er Krebs hatte und der Besitzer kein Geld für die Therapie. Das Tier saß in seinem Zwinger und verstand die Welt nicht mehr. Am Tresen gab derweil eine Mutter mit Kind eine Katze ab. Stellte den Transportkorb auf die Plastikoberfläche und urteilte: „Die läuft aus.“ Mehr nicht. Als gäbe sie einen defekten Mülleimer im Baumarkt zurück. Das Tierheim brannte sich mir ein als Ort, an dem man vor allem den Menschen kennen lernt.

Und dann war da noch die Abspeck-Klinik für Kinder. In der Jungen und Mädchen – vollkommen entstellt vom eigenen Körperfett – sich zu einem Strandspaziergang zwingen mussten. Für die war das kein Spaß mit ins Meer rennen, Muscheln sammeln, Quallen gucken. Sondern widernatürliche Quälerei. Deren Körper waren schon so gegen die menschliche Natur programmiert, dass sie nur für zwei Sachen richtig gut trainiert waren: Bewegungsarmut und Essen. Beim Schwimmen im Pool hatten sie ein bisschen Spaß: Weil das Wasser ihnen Leichtigkeit vorgaukelte. Und weil sie unter sich waren. Keiner, der sie auslachte, musterte oder urteilte. Seltsam: Indem sie sich einmal in ihrer viel zu weit gedehnten Haut wohlfühlen durften, sollten sie lernen, dass es immer so sein könnte, da draußen, ohne Adipositas.

Auf der Fahrt heim in die Redaktion hatte ich vor allem eine Vorstellung davon, dass diese Kinder sich allein fühlen müssen. Ausgegrenzt. Hoffnungslos. Denn essen muss man jeden Tag, als Kind sein Verhalten ändern? Ohne die Umwelt unmöglich.

Klar: Ich weiß ja, dass ich keine Ahnung habe. Mit meinen Kleinkindern lebe ich im Paradies! Noch keine Hobbys, keine Schule, keine…. nun: Keine Probleme. Ich häng mich hier also selten aus dem Fenster meines rosa Elfenbeintürmchens.

ABER eine kurze Kritik wollte ich hier dennoch loswerden. Denn ich wundere mich oft: Dass nicht alle Eltern panisch nach Bewegung mit ihrem Nachwuchs streben. Logopädie, Englisch, Vorschule, Musik für Krabbelkinder – sowas steht hoch im Kurs. Ist ja auch nicht verkehrt, aber Bewegung scheint mir oft vernachlässigt. Dabei wäre die (nach Liebe und körperlicher wie seelischer Unversehrtheit) grob gesagt das Wichtigste, behaupten Wissenschaftler (unter ihnen Hirnforscher). Toben, im Dreck wühlen, auf Bäume klettern lassen. „Naturerlebnis“ nennen das die Fachleute heute, früher war`s normal. DAS kann man nämlich nicht nachholen. Da werden die Weichen unumkehrbar gelegt. Weck in deinem Kind Freude an Bewegung, vermittel ihm Spaß am Sport, am Ballspielen, am Klettern, Segeln oder Skifahren… Davon hat es sein Leben lang was. Wenn es ihn sich erhält, sogar mehr Lebenserwartung.

Und was für ein Geschenk ist die Gewissheit, ich kann balancieren, werfen, fangen, laufen, schwimmen. Trampolin springen, hüpfen, hangeln. Ich kann klettern, rutschen, tauchen. Ich kann, kurz gesagt, mit Bewegung den Spaß meines Lebens haben. (An der Stelle habe ich unweigerlich die adipösen Teenager vor Augen, die sich im Badeanzug kaum vor die Umkleide trauten. Die sich ungelenk ins Wasser plumpsen ließen. Die den Sylter Strand lang schnauften wie 60-Jährige COPD-Patienten.)

Und falls ihr schon ausholt, nach mehr Toleranz für die Diskriminierten dieser Welt zu rufen, die nicht dem aktuellen Schönheitsideal entsprechen: Die würde doch nur im Nachhinein helfen, die Dicken nicht als permanent seelisch Versehrte in unserer Gesellschaft zurück zu lassen. Die Toleranz darf nicht das Mittel sein, sich loszukaufen von der Verantwortung, der Fettleibigkeit vorzubeugen. Kindern einen gesunden, fitten Start ins Leben zu ermöglichen. Klar, wer fett ist, will nicht noch gedisst werden. Aber Eltern, die ihr Kind fett werden lassen und dann auf die Disser zeigen, die haben einen wichtigen Punkt übersehen, finde ich. Es reicht nicht, den Kindern im Brunnen hinterher zu rufen „Wir mögen euch trotzdem.“ Es muss doch das Ziel sein, sie in diese riesige Not gar nicht geraten zu lassen.

Ich will das. Mir ist das wichtig.

Deswegen heute mein

HAMBURG-TIPP

Raus! Nicht umsonst heißt es in Hamburg: „Es gibt kein schlechtes Wetter. Nur die falsche Kleidung.“ Ich liebe das Niendorfer Gehege. Den Volksdorfer Wald. Den Stadtpark. Und ich gehe mit dem Kleinen zu SportyKids. Weil auch ich gerne mal eine Stunde Bewegung nicht selbst herstelle.

Disclaimer: Dieser Blog ist nicht kommerziell. Alle Empfehlungen entsprechen ganz einfach meiner Meinung.