
Verändert man sich sehr, wenn man Mutter wird?
Das habe ich mich neulich gefragt, als ich mit einer Freundin in Eppendorf saß und sie genau das von sich behauptet hatte.
Und ja, es stimmt ja. Man verändert sich.
Zuerst fühlt man sich eine Weile körperlich etwas derangiert, mit Milch, die aus den Brüsten schießt und so manchen verstörenden anderen Faktoren. Himmel, es gibt Frauen, die sich nach der Geburt monatelang auf ein Gelkissen setzen müssen. Ich beispielsweise leide unter etwas anderem: Ich habe dank der Schwangerschaften eine SCHUHGRÖßE mehr. Ich meine, so wichtig war die wahrscheinlich nicht für meine Gesamterscheinung, aber der Vollständigkeit halber, so ist es eben. Zumal mir die Zeit fehlt, meinen Schuhschrank wieder aufzufüllen: Schuhtechnisch habe ich mich also verändert. Auch, weil mir für High Heels weniger Gelegenheiten bleiben.
Man ändert vielleicht den Haarschnitt (wegen Haarausfall, nicht weil es praktischer wäre) und manchmal auch Klamotten – weil man eben mit mehr Dreck und Pudding und Sand lebt. Habe mir gerade ein weißes Shirt gekauft… wie so ein Museumsstück.
Und klar, der Lebensstil ändert sich.
Aber heißt das auch, dass man selbst anders ist? Früher…
… bin ich spontan nach Venedig geflogen und habe mir die Füße wund gelaufen.
…. bin ich nach Italien gezogen und habe davon geträumt, auszuwandern.
… bin ich aus einer Cessna gesprungen, habe auf einem Hochhausdach Sekt getrunken und in einem New Yorker Schwulenclub gefeiert.
Das mache ich jetzt alles nicht mehr. Weil nun die Zeit fehlt, das Geld, der Focus sich verändert.
Aber heute….
…tanze ich spontan durch Pfützen.
…fahre ich nach Dänemark und träume davon, mit meinem Mann dort alt zu sein. (Er protestiert. Er will nach Italien oder Frankreich.)
… springe ich auf einem Trampolin, trinke Sekt in unserem Garten und tanze zu „Wenn jetzt Sommer wär“ durch unser Wohnzimmer.
Ich bin noch die selbe… vielleicht in einer anderen Farbe. Vielleicht ist das Leben als Mama vorher und hinterher wie eine Reise nach Sardinien: Es ist toll, da mit dem Fahrrad rumzufahren, zu campen oder die Weingüter abzuklappern. Abends mit einem Glas Wein einer Band zuzuhören, verliebt ins Meer und die warme Luft.
Und dann gehst du vor der Küste tauchen und entdeckst, dass die Insel noch diese andere Seite hat, die du erst unter Wasser sehen kannst. Dass deine Ahnung vorher an der Küstenlinie endete. Du trägst dann einen Neo, riechst nichts mehr und Musik dringt auch keine mehr an deine Ohren. Aber trotzdem bist du…. du.
So ist das: Du bleibst du, aber in einem anderen Element. Vielleicht gibt es Tage, an denen du dein altes Leben vermisst. Deine Haare, deine Schuhgröße oder die Freunde, für die du zu wenig Zeit hast. Den spontanen Luxus-Trip oder die Sorglosigkeit, mit der du Schulferienzeiten ignorieren konntest. Vielleicht würdest du gerne mal alleine pinkeln gehen oder das Gelkissen in der Handtasche lassen, statt es vor versammelter Mannschaft unter deine Muschi zu schieben. Vielleicht bereust du, ein paar Sachen nicht vor der ersten Schwangerschaft erledigt zu haben.
Aber du bist dann eben auch noch mehr: Fels in der Brandung, Schutz, Begleitung und Nest und wichtigster Mensch der ganzen Welt – für deine Kinder.
Klar hat das Muttersein auch negative Seiten. Ich habe an mir Ungeduld, Zorn und kleine perfektionistische Attacken kennen gelernt („Nicht schon wieder Fettflecken an der Waaaaand“), die ich vorher nicht kannte. Aber ich lerne. Ich lerne Geduld, Gleichmut. Sanftheit und noch mehr Mut zum Unperfekten. Für mich ist das cool. Nichts mehr zu lernen im Leben, empfände ich als extrem langweilig.
Sagen wir also: Es ist ein Lernprozess. Für manche ein kleiner, für andere ein großer. Je nachdem, wie groß die körperlichen Veränderungen sind, die die Schwangerschaften hinterlassen. Wie häufig und quälend die schlaflosen Nächte. Wie groß die Sehnsucht nach Einsamkeit, Party, fleckenloser Perfektion.
Sollte ich aber je merken, dass meine Sehnsucht zu groß wird, noch bevor die Kinder es sind, dann bin ich ziemlich sicher, dass ich das zusammen mit meinem Mann herstellen kann. Es gibt Babysitter, Putzhilfen, Clubreisen für mehr Freiräume. Auch das kann man wahrscheinlich lernen: Sich Altes im neuen Leben zurück zu erobern. Und wenn es saubere Wände sind.
⚓ REISE-TIPP
Ich freue mich aktuell auf einen Trip nach Dänemark! Ehrlich und aufrichtig, auch wenn ich auf die Destination früher nicht gekommen wäre. Aber wenn ich an der Stelle mal einen Tipp an all die Menschen ohne oder mit älteren Kindern verteilen darf: Ich bin froh, vorher New York, Tobago, Mauritius gesehen zu haben. Das wäre mir eine Monsterfreude, eins der Ziele noch mal mit meiner Männerbande zu sehen.