Wie soll die perfekte Mutter sein? Eine Anleitung.
Manchmal, wenn ich abends Lust habe auf arglose Zerstreuung, dann cruise ich durch andere Mami-Blogs, Facebook, Twitter, Familienthemen und Co. Aber ich halte das nie so lange durch, weil mir die Polemik so laut tönt.
Aktuell wird in diesem Artikel aus der F.A.Z. die Mutter zum „Lieblingsthema von Histotikern, Feministinnen, Ökonomen und Buchautoren“ erklärt. Und vom Internet, mag ich fast ergänzen. Und hier interviewt die BRIGITTE MOM zwei der Autorinnen, die den Hype – nun, meta-kritisieren, ihn mit ihrem Buch aber natürlich noch populärer machen. Hey, du wusstest gar nicht, dass du nicht die perfekte Mutter bist? Dann lies das!
Aber nicht nur die Masse der Publikationen wundert mich. Es ist so seltsam, wie vehement da Positionen vertreten werden…
Hier die Lager, kurz und komplex:
- Es gibt die, die keine Kinder kriegen, weil das wahnsinnig freiheitsberaubend und unemanzipiert sein soll.
- Und die, die welche kriegen, aber dann weitgehend so weiterleben wie bisher.
- Das wiederum wird von denen mit Hass bestraft, die entsetzlich viele Freiheiten und ihre Karriere aufgeben, weil sie eben dem Kind Raum geben wollen, den sie selbst opfern.
- Dafür werden sie von den Kinderlosen bemitleidet und von den Vollzeit-Eltern auch, die aber hassen sie ja auch zurück, denn die machen auch irgendwie alles falsch: Emanzipatorisch, volkswirtschaftlich, wasweißichich.
Das alles mündet in der angeblich wahnsinnig wichtigen Frage, wie die perfekte / beste / bestmögliche Mutter zu sein hat (oder der Vater, da brandet die Diskussion auch manchmal auf).
Und an der Stelle setzt nun meine Unwilligkeit ein, darüber hier auch noch zu schreiben. Denn erstens stimmt das ja so nicht. Diesen Hass gibt es nur in schriftlicher Form in kleinen wie großen Medien. Er hat mit der außermedialen Wirklichkeit nix zu tun.
In der gibt es jedes Scheiße noch mal mögliche Modell, und keiner geht auf irgendwen los. Schwule Eltern sitzen neben allein erziehenden, Menschen mit vielen neben Menschen mit wenigen Kindern, Karriere-Akademiker neben Beinahe-Aussteigern, Vollzeiteltern neben Weltenbummlern, you name it: Keiner hat was gegen den Anderen. Auch nicht Muddis gegen Muddis. Einen Abend, ja ein Leben, kriegt man eben auch ohne konstruierten Hass voll. Zeitschriften und Blogs, erst Recht Bücher offensichtlich nur schwer.
Aber zweitens, und das finde ich ähnlich bemerkenswert: Wen interessiert eigentlich, wie in einer (wie schon bemerkt sowieso auf fragwürdige Art erfundenen) Öffentlichkeit eine Mutter zu sein hat? Wen bringen solche Fragen weiter? Welcher Sache sollen sie dienen? Dabei kommt kein Stück Gleichberechtigung raus. Oder Entwicklung. Oder Freiheit. Oder soziale Gerechtigkeit. Oder Lösung humanitärer Probleme. Oder auch nur persönlicher moralischer Leitfaden, denn Menschen sind so verschieden wie Lebensentwürfe.
Es könnte bei diesem Kampf gar keinen Gewinner geben (nach dem Motto „Diskussion beendet: Die beste Mutter macht erst 28 Monate Pause vom Job, geht dann auf 22 Stunden Teilzeit und wenn die Kinder 16 sind, arbeitet sie dann 30 Stunden. Punkt und Schluss“). Ne, sowas wird nie rauskommen.
Statt dessen dient die Diskussion doch sich selbst. Ich glaube, manche Meinungsbläser müssen ihr Business einfach nur am Laufen halten. Wer so Kram schreibt, tut es vielleicht, damit das Werbebanner eine Buchstabenumgebung bekommt. Oder der Lektor ein Buch. Mit geilem Talkshow-Thema. Die Macher da freuen sich ja auch. Klickklickklick.
Aber das hat doch was Erlösendes: Sollte sich wirklich jemand von dem Mütterblabla unter Druck gesetzt fühlen, wäre es doch ein Einfaches, das abzustellen: Indem man so was eben nicht mehr liest. Ich persönlich kenne all diese Klischee-Erwartungen erst, seit ich das lese. Persönlich an mich heran getragen wurden sie exakt: Null mal. Willkommen im Real Life. Oder um mit Peter Lustig, Gott hab ihn selig, zu sprechen: Abschalten!
HAMBURG-TIPP
Sinnvolleres als das Lesen sinnfreier Artikel? Essen, trinken, spielen, ihr wisst schon: Alles. Da der blöde Frühling IMMER NOCH nicht kommt und ich den Winter nicht mehr sehen kann, ist mein Lieblingstipp im Moment mal wieder das Hallenbad. Neu und chic in HH das hier.